ZIRP um 8 „Neue Geschäftsmodelle – Smart, innovativ, vernetzt“ in Koblenz

Im Zeitalter des digitalen Umbruchs ist viel von neuen Geschäftsmodellen die Rede. Die technologischen Lösungen dafür sind längst vorhanden. Unternehmen und Betriebe müssen sie allerdings nutzen und bereit sein, mit innovativen Ideen Neues zu wagen. Digitale Lösungen sind keine Selbstläufer: Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle benötigt kreative Freiräume und innovative Ideen. Dies verdeutlichte die zweite Veranstaltung der Reihe „Zirp um 8“ zum Thema „Neue Geschäftsmodelle – Smart, innovativ, vernetzt“ im Kompetenzzentrum Digitales Handwerk West in Koblenz  Referenten waren Jens Leyh, Leiter Competence Center Innovationsmanagement, Fraunhofer IAO Stuttgart,  Markus Heinen, Partner Advisory Services, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Christoph Krause, Leiter Kompetenzzentrum Digitales Handwerk West.

Geschäftsmodelle anpassen, Innovationen übernehmen

„Im Zusammenspiel ändern Digitalisierung und Innovationen rasant die Welt, in der wir heute leben. Neue innovative Geschäftsmodelle bzw. die Anpassung vorhandener Geschäftsmodelle stellen das Epizentrum der Veränderung dar,“ so Markus Heinen. Er zeigte an Beispielen auf, wie Technologien Geschäftsmodelle verändern können: Online-Plattformen fördern die Entstehung disruptiver Geschäftsmodelle, wie zum Beispiel Uber oder Airbnb.  Blockchain revolutioniert die Finanzbranche, 3Druck gibt völlig neue Möglichkeiten Produktion neu zu denken, Künstliche Intelligenz wird ganze Teile verschiedener Industrien im Kontext der zukünftigen Arbeitswelt erfassen und Augmented- und Virtual-Reality könnten den Gang ins Geschäft künftig überflüssig machen. Wie weit in diesem Bereich die technologischen Möglichkeiten vorangeschritten sind, zeigt das Technologieberatungsunternehmen Innoactive, das eine innovative Virtual-Reality-Showroom-Technologie entwickelt hat.

Diese erlaubt es Unternehmen, ihre Produkte in einer virtuellen Umgebung mobil und interaktiv erfahrbar zu machen. Digitalisierung ist nicht vermeidbar und bereits Realität. Es bringt auch neben vielen Unsicherheiten und Risiken Chancen für Unternehmen, öffentliche Institutionen und Privatpersonen, letztlich unsere komplette Gesellschaft mit sich. Innovation ist keine Notwendigkeit mehr, sondern Voraussetzung zum Überleben und Digitalisierung ermöglicht heute vieles, was vor einigen Jahren noch nicht möglich war.

Die größten Herausforderungen

Technologien neu zu interpretieren ist auch eine von acht Herausforderungen, die Jens Leyh für Unternehmen definiert, um Innovationen aufzuspüren und sie in ein neues Geschäftsmodell einfließen zu lassen:

  • Unternehmen müssen Technologien neu interpretieren und sich fragen: Was kann ich mit meinen technologischen Lösungen sonst noch machen?
  • Interdisziplinarität muss neu gelebt werden. Sie bewirkt eine veränderte Kultur, um mit Problemen umzugehen und schafft kreative Spielräume. Gemeinsam entstehen neue Ideen.
  • Die „Vordenker“ sollen über ihre Ideen reden und sie vermarkten.
  • Plattformen wie Kickstarter oder Startnext sowie unternehmensinterne Foren bieten gute Möglichkeiten für die Bewertung von Ideen und für einen neuen Budgetierungsmechanismus. Die „Weisheit der Masse“ verhilft so guten Ideen zum Durchbruch.
  • Hierarchien müssen sich für neue Ideen öffnen. Flachere und flexiblere Hierarchien bieten die Möglichkeit, auf unterschiedlichen Ebenen gemeinsam über Ideen nachzudenken.
  • Führung muss demokratischer werden, indem sie agilen Methoden folgt und mehr bottom-up als top-down orientiert ist.
  • Starre Prozesse stehen der Kreativität im Unternehmen im Weg. Kreative Freiräume und die Zusammenarbeit von Startups und Unternehmen können tradierte Denkmuster aufbrechen und innovativ stürmisches Potenzial ins Unternehmen bringen.
  • Es geht nicht alleine um Technologien, es geht um Ideen. Experimentelles und kreatives Denken ist wichtig. Man muss etwas wagen – und dabei darf man auch scheitern.

Für Jens Leyh steht fest: „Ein Innovationsmanagement, das Menschen in den Unternehmen befähigt, etablierte Denkmuster zu durchbrechen, schnell Technologie- oder Marktexperimente durchzuführen, wird zunehmend wichtiger.  Kurz gesagt: Innovative Unternehmen werden sowohl kreative Spielräume wie auch strenge Prozesse beherrschen, um erfolgreich in ihren Märkte zu agieren.“

Es beginnt in den Köpfen

Auch für Christoph Krause beginnt die Digitalisierung im Kopf. Für ihn geht es in erster Linie um das Zusammenspiel von Menschen, damit neue Ideen und Geschäftsmodelle entstehen. Querdenker vermögen es, eingefahrene Strukturen und Denkmuster aufzubrechen. Ihnen soll ein kreativer Freiraum geboten werden, in dem Modelle ausprobiert und Ideen frei getestet werden können. Zur Vermittlung der unterschiedlichen Unternehmenskulturen können auch Veranstaltungsformate wie BarCamps beitragen, bei denen etablierte Unternehmer auf junge Gründer, Querdenker oder Startups treffen.

Die Digitalisierung ist ein entscheidendes Werkzeug, um diese innotativen Ideen entstehen zu lassen und umzusetzen,  auch um den Konsumenten im Sinne eines Prosumenten in den Produktions- und Kommunikationsprozesses einzubinden. Als Zwischenschritte auf dem Weg zu einem neuen Geschäftsmodell oder dem Angebot von Dienstleistungen gehe es darum, Abläufe ebenso zu digitalisieren, wie die Kommunikation und die Schnittstelle zum Kunden. Krause betonte insbesondere die Rolle, die digitale Plattformen für das Handwerk spielen, da sie es ermöglichen, die individuellen Wünsche des Kunden aufzugreifen. Sein Credo lautet: „Plattform. Plattform. Plattform. – Wer den digitalen Zugang zum Kunden nicht hat, wird draußen sein.“

 

Wie Kunden zum Designer werden, zeigt zum Beispiel der Betrieb „Holzgespür“.

Holzgespür bietet handgefertigte Möbel aus heimischen Hölzern. Der Kunde kann über einen 3D-Konfigurator seine Möbel bis ins Detail gestalten. Er erhält außerdem auf Wunsch eine Musterbox und kann anhand eines Videos vom aufgeschnittenen Baumstamm entscheiden, ob Maserung und Astverlauf seinen Wünschen entsprechen. Wer gleich selbst gestalten möchte, dem bietet sich eine zweite Schnittstelle – der Wunschupload. Sind die eigenen Ideen hochgeladen, meldet sich das Unternehmen per Chat zu Wort. Gemeinsam entsteht das neue Produkt.

Eine individuelle Farbberatung im Netz bietet kolorat.de.

Auf der Website können Kunden aus einer Palette von über 1.300 Farbtönen wählen und sich ihre Wunschfarbe mischen lassen. Der Service reicht sogar noch weiter: Der Kunde kann ein Muster einschicken, den exakten Farbton bestimmen lassen und ihn dann im Shop bestellen. Oder er kann einen Fragebogen ausfüllen und erhält dann ein auf ihn zugeschnittenes Gestaltungskonzept. Diese Beispiele zeigen: Neue Geschäftsmodelle und das Anbieten zusätzlicher Dienstleistungen machen den Kunden zum König.